Was bedeutet das deutsche Reinheitsgebot von 1516?
„Wie das Bier im Sommer und Winter auf dem Land ausgeschenkt und gebraut werden soll“ , diesen Titel trägt die Verordnung, welche der bayerische Herzog Wilhelm IV verfasste. Seit der Billigung durch den Bayerischen Landständetag in Ingolstadt im April 1516, ist diese Verordnung als Reinheitsgebot bekannt.
Zum einen legte diese Verordnung einen maximalen Preis für Bier fest, so sollte eine Maß nicht mehr als einen Pfennig der Münchener Währung kosten. Zum anderen erlaubte sie nur noch bestimmte Brauzutaten, nämlich Wasser, Hopfen und Malz. Zudem war diese Regulierung nur auf das Territorium des bayerischen Fürstentums beschränkt.
Warum benötigte man dieses Reinheitsgebot?
Die Verordnung ist eine Art Höhepunkt einer ganzen Reihe von Gesetzen und Beschlüssen, welche sich um die Qualität des Bieres drehen. Der erste, zumindest urkundlich nachweisbare, Erlass stammt von Kaiser Friedrich I. In der Rechtsverordnung der Stadt Augsburg aus dem 1156 legte er fest, das qualitativ schlechtes Bier abgestraft werden sollte, die Strafen war enorm.
Die Qualität war, insbesondere in Süddeutschland, häufig sehr mangelhaft. Um die Kosten für Getreide einzusparen, wurde das Bier häufig gestreckt. Von Laub, bis hin zu diversen Kräutern fand fast alles Verwendung. Um diesen, zumeist ekelhaften, Geschmack zu übertönen, wurden dem Getränk oft intensive Kräuter wie Rosmarin oder Anis hinzugefügt. Was letztlich als Bier verkauft wurde, unterlag quasi der Kreativität der „Braumeister“.
Im heutigen Norddeutschland dagegen wurde Bier häufig für den Handel und Export gebraut, hier überwachten die Zünfte die Qualität. Dies erklärt, warum zunächst viele Süddeutsche Städte Verordnungen wie das Reinheitsgebote erließen.
Warum sind nur Wasser, Hopfen und Gerste zulässig?
Der Erlass des Fürsten Wilhelm sollte also zum einen eine einheitliche Qualität sicherstellen und zum anderen gefährliche Substanzen ausschließen. Viele Brauer gaben ihren Getränken Tollkirschen, Schlafmohn oder Stechapfel bei, der lediglich beruhigende Hopfen sollte hier die Nachfolge antreten. Gerste wiederum galt als minderwertig und war zudem günstig, Weizen und Roggen waren den Bäcker vorbehalten. Die Wirkung der Hefe beim Bierbrauen war damals noch nicht bekannt, vielmehr galt sie als Abfallprodukt der Bierherstellung.
Gilt das Reinheitsgebot Heute noch?
Die Antwort lautet nein, allerdings gelten seine Vorschriften, unter anderen Namen, auch in unserer heutigen Zeit. Auch lässt sich keine Kontinuität der Verordnung festhalten. Bereits 1551 war in Bayern die Zugabe von Lorbeer und Koriander erlaubt, ab 1616 wurde die Zutatenliste um Salz, Kümmel und Wacholderbeeren erweitert.
Auch das beliebte Weizenbier stellt einen Verstoß gegen das Gesetz dar. Der Freiherr von Degenberg erhielt 1548 das Privileg, nördlich der Donau Weizenbier zu brauen, 1602 ging dieses Vorrecht auf die bayerischen Fürsten über.
Erst circa 300 Jahre später trat in Bayern wieder ein ähnliches Gesetz in Kraft. Diese wurde, nach der Gründung des Deutschen Kaiserreichs im Jahr 1871, auch auf weitere Staaten ausgedehnt. Es folgten zahlreiche weitere Gesetze der deutschen Nachfolgestaaten, deren Inhalt aber zumeist sehr ähnlich waren.
Aktuell gilt die Bierverordnung aus dem Jahr 2005, welche die Zutaten Wasser, Hopfen, Malz und Hefe festschreibt. Allerdings klingt das Siegel „Gebraut nach der Bierverordnung von 2005“ sicherlich nicht sonderlich aufregend. Dagegen klingt der Spruch „500 Jahre Reinheitsgebot“ wesentlich klangvoller, hält aber keiner Faktenüberprüfung stand.